Vielleicht sind es die gemeinsamen keltischen Wurzeln. In jedem Fall verbindet Schwaben und Schotten neben der ihnen nachgesagten Sparsamkeit eine erwärmende Leidenschaft: Die Begeisterung für hochwertigen Whisky, gebrannt aus heimischem Getreide.
Die Destille von Andreas Bosch, Brennmeister aus Unterlenningen, ist ein ziemlicher Koloss. Hier stellt die Familie Bosch ihre Edelbrände her. „Unser Kessel wird ausschließlich mit Holz befeuert, das ist relativ selten“, erklärt der Schwabe, dem das Brennen von Whisky zur Leidenschaft geworden ist. In seiner Brennerei am Fuße der Schwäbischen Alb stellt er neben Obstbränden auch einen speziellen Alb-Dinkel-Whisky her, der die regionale Produktpalette des Biosphärengebiets Schwäbische Alb erweitert. „Der Dinkel wächst hier auf unseren Feldern. Und wenn es die Fruchtfolge nicht zulässt, dass wir eigenes Getreide verwenden, bekomme ich den Dinkel aus der nahgelegenen Mühle in Böhringen.“ Der 42jährige repräsentiert die dritte Generation der Brennerfamilie. Den Grundstein des Familienbetriebs legte Großvater Johannes Renz kurz nach Kriegsende. „In diesen harten Zeiten musste man sehen, wie man durchkam. Und Obst gab es hier in Hülle und Fülle. Also hat mein Großvater angefangen, Obstbrände herzustellen.“
Nach fünf Tagen Gärzeit kommt die Maische aus Wasser, Dinkel und einer Kombination aus drei verschiedenen Malzsorten in den „kupfernen Koloss“. Hier entsteht der Feinbrand. |
Und beim richtigen Aroma scheiden sich natürlich auch die schwäbischen Geister. „Man findet keine zwei Brennereien, deren Whisky gleich schmeckt. Jeder Brennmeister prägt den Geschmack seines Destillats mit seinem eigenen Charakter.“ Bei Andreas Bosch sind das „sommerliche Düfte, leichte Raucharomen, verschiedene Gewürze, abgerundet durch Vanilletöne.“ Er ist stolz auf sein bodenständiges und dennoch mildes und elegantes Dinkelaroma mit lang anhaltendem Abgang. Das klingt nach einer Wissenschaft für sich. Und so ist es wohl auch. Whiskygenuss fordert alle Sinne und beginnt mit dem richtigen Glas. Der tumbler, bekannt aus Hollywood-Filmen mit breiter Öffnung und dickem Boden, in dem die Eiswürfel klirren, ist hier fehl am Platz. Die anspruchsvollen schwäbischen Whiskys brauchen ein bauchiges Glas, in dem sich das Aroma sammeln kann. „Nur bei Raumtemperatur können sich Charakter und Geschmack eines guten Brandes voll entfalten“, erklärt Andreas Bosch.
Mit dem passenden Nosing-Glas kann man sich also olfaktorisch dem Whisky annähern. Man unterscheidet sieben primäre Gerüche . Dabei muss nicht jedes Aroma vorhanden sein, je nach Whisky treten einzelne Düfte mehr oder weniger in den Vordergrund. Als zweiter Schritt folgt das Schmecken. Mit einem kleinen Schluck, den man einige Sekunden auf der Zunge wirken lässt, spürt der Profi Strukturen, unterscheidet süß, sauer, bitter, salzig, erkennt Holz, Lakritz, Tabak, Leder oder Alge. Vanille kann auftauchen, Karamell, Honig, Schokolade, Banane, Apfel, Zitrone und Rose. Wichtig ist, durch Ausprobieren den richtigen Whisky für sich zu finden. Die Auswahl in Baden-Württemberg ist zum Glück groß: Mittlerweile sind es mindestens zehn Brennereien im Ländle, die erstklassigen Whisky herstellen. So viel wie in keiner anderen Region Deutschlands. „Die schwäbischen Brände sind so individuell wie die Geschichten ihrer Destillateure. Gemeinsam sind ihnen die hohe Qualität und die Verbundenheit mit der Region“, heißt es im „Schwäbischen Whiskyführer“. Auch Andreas Bosch fühlt sich seiner Region und der Familientradition verpflichtet. Er setzt dem Großvater Johannes Renz mit dem Whisky sogar ein Denkmal: „Zum 100sten Geburtstag meines Großvaters habe ich dessen Initialen auf das Logo meines Whiskys drucken lassen.“ Doch jetzt hat er keine Zeit mehr, er eilt zurück zu seiner Destille, dem großen kupfernen Koloss, und wacht über „seinen JR“.
Info:
Man unterscheidet sieben primäre Gerüche:
Ester fruchtig, blumig
Phenole rauchig, torfig, medizinisch
Aldehyde wie Leder, wie Heu, wie Gras
Süße wie Karamell, wie Vanille
Getreide wie Malz, wie Brot
Öl buttrig, nussig
Holz wie Zeder, wie Kiefer, harzig
Die Schwäbischen Brenner
Gutsbrennerei Aglishardt, Hans-Gerhard Fink, 89191 Nellingen / Alb
Alt Enderle Edelbrandbrennereien, Joachim Alt, 74749 Rosenberg / Sindolsheim
Bellerhof-Brennerei, Thomas Dannenmann, 73277 Owen
Bosch Edelbrand, Andreas Bosch, 73252 Lenningen - Unterlenningen
Whisky Destillerie Immanuel Gruel, Immanuel Gruel, 73277 Owen
Edelbranddestillerie Rabel, Thomas Rabel, 73277 Owen
Rieger + Hofmeister Destillerie und Genussmanufaktur, Marcus E. Hofmeister, 70734 Fellbach
Brennerei Sigel, Erich Sigel, 73265 Dettingen/Teck
Volker Theurers Spezialitäten & Whiskybrennerei im Gasthof Lamm, Volker Theurer, 72070 Tübingen - Unterjesingen
Brennerei Martin Ziegler, Martin Ziegler, 73666 Baltmannsweiler
Quelle:
Schwäbischer Whiskyführer, Ausgabe 2011
Herausgeber: Silberburg am Markt, 72070 Tübingen, Tel.: 07071-551844
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