Feine Satire, markige Sprüche

Das Dorfgemeinschaftshaus in Sirchingen ist fast ausverkauft, als die oberschwäbischen Kabarettisten von Volksdampf verkünden: „Ein Leben ohne Hirn ist möglich – es gibt Beispiele!“

Der Tennisverein Sirchingen hat sie eingeladen und sie bedanken sich mit „einer Garantie auf gute Unterhaltung – drei Jahre auf gereimtes Material, fünf Jahre auf die Lieder.“ Soweit das Versprechen von Lisa Greiner, Reiner Muffler und Suso Engelhardt, bevor sie mit spitzer Zunge, markigen Sprüchen, ganz viel Musikalität und einer Multifunktions-Percussion-Mülltonne ins Programm starten. Die Künstler geben sich dann doch bescheiden – „oft erreicht, nie kopiert“ – und testen mit ein paar Probe-Gags, wo das Witzniveau des Publikums liegt. Manchmal auf ganz feine, subtile Art, manchmal mit der Holzhammermethode leiten die drei Musiker auf politisch durchaus unkorrekte Themen über, die tatsächlich nur mit Satire zur Sprache gebracht werden können. Umso begeisterter ist dann auch die Reaktion des Publikums. Die demografische Schieflage wird angesprochen, sprich das Rentnerproblem, das kaum in den Griff zu bekommen ist: Volksdampf lehnt organisierte Busunglücke ab – sie seien sowieso nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Die Protestsongs von Reiner Muffler sollen „für fünf Pfennig politisches Niveau“ in den Abend bringen. Es gibt einen Müllsong, ein Klimalied, ein Beitrag über Mobbing. Und warum das alles? Wegen der Gesundheit. „Lachen ist gesund, Leit, lachet, wenn’s et zum heila langet!“
In der Pause muss das „überalterte Publikum“ dann eben mal kurz alleine bleiben, „es kann ja nicht sein, dass wir die rund um die Uhr betreuen!“
Es geht weiter mit der Jugend, „obwohl die ja eher nicht zu unserer Zielgruppe gehören – doch, neulich war einer in der Vorstellung und der hat nicht einmal die Sitze aufgeschlitzt.“ Das Lied „Schlag Deinen Lehrer nicht mit dem Schlagring“ gibt gute Tipps zum Thema Kindererziehung und auch auf die Wichtigkeit der richtigen Namensgebung wird hingewiesen: „Eine Anna-Sophie und ein Lukas-Finn haben statistisch gesehen mindestens die Chance auf einen Realschulabschluss.“
Die Inkonsequenz der Menschen („Jeder will schlank sein, keiner will fasten, jeder will ein Handy, keiner einen Masten“) bekommt ebenso ihr Fett ab wie die Jogger, „die ganzjährig auf Waldwegen und an Waldränder beobachtet werden können.“ Der „Darwin-Award für die blödeste Art, sich selbst zu töten und damit den Genpool zu entlasten“ ist ein Thema und auch der Sport im Allgemeinen: „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel.“
Volksdampf präsentiert den Besuchern im Sirchinger Dorfgemeinschaftshaus einen gelungener Rundumschlag durch viele gesellschaftlich relevante Themen. Die Künstler behalten dabei immer irgendwie ihren roten Faden bei: „Es ist egal, ob Du was in der Birne hast oder unter „Birn out“ leidest. Es geht auch ohne Intelligenz, was willst Du damit, wenn Du nicht schlau genug dafür bist.“
Letztendlich zeigen sich Lisa Greiner – die übrigens gebürtige Upfingerin ist – sowie Reiner Muffler und Suso Engelhardt mit dem Sirchinger Publikum zufrieden, trotz „einiger Hänger in der ersten Hälfte, aber es ist dann besser geworden.“ Man müsse das Programm einfach noch zehn bis zwölf Mal hören, dann käme man irgendwann auch mit. Die Zuschauer belohnen das gelungene Programm mit langem Applaus, der dann sogar die Kapazität von Volksdampf übersteigt: „S’ isch halb elfe, Ihr soddet ganga. Wir haben unser Pulver verschossen!“
Volksdampf nochmals zu erleben ist zum Glück kein Problem, der Veranstaltungskalender der Kabarettisten ist voll und von Lindau bis Stuttgart, von Leutkirch bis Freudenstadt sind sie auf den Kleinkunstbühnen quer durchs Ländle zuhause.

Info:
Volksdampf ist bereits vielfältig ausgezeichnet, u.a.

Kabarettpreis des Landes Baden-Württemberg,
Kleinkunstpreis Kupferle“ der Zehntscheuer Ravensburg,
Publikumspreis bei der internationalen Künstlerbegegnung der Bodenseekonferenz in Lindau,
zweifacher Preisträger beim Sebastian Blau Preis (Sparte Kabarett) in Rottenburg.

Dieses Jahr wird Volksdampf den Baden-Württembergischen Kleinkunstpreis erhalten

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