Meine Mittlere ist eine kleine Prinzessin. Sie schwimmt ganz oben auf der rosa Glitzerwelle, die fast alle kleinen Damen im Kindergarten mitreißt. Die Tasche ist rosa, der Haarschmuck glitzert, sogar Gummistiefel, Matschhose und Regenschirm strahlen in knalligen Pinktönen um die Wette. Nach monatelanger harter Arbeit hat meine vierjährige Tochter nun auch ihre Mutter dazu gebracht, endlich rosa Schuhe zu kaufen. Natürlich mit Glitzer. Fast zufrieden – denn die unverständige Mutter hatte sich geweigert, Schuhe mit klappernden Absätzen zu kaufen – stolzierte meine kleine Dame damit durch ihr Leben. Und als moderne junge Frau lebt sie natürlich völlig zwanglos alle ihre verschiedenen Charakterzüge aus: die wilde, ungestüme Seite ebenso wie die damenhafte. Zudem ist das Kind ja noch mit einem großen Bruder geschlagen, der immer wieder zu Wettkämpfen und Mutproben anstachelt. Lange Vorrede, kurzer Sinn: die neuen rosa Glitzerschuhe waren ungefähr 48 Stunden alt, als Madame das erste Mal damit durch den Stall galoppiert ist. Doch die Mutter hat es gesehen (und auch schon vorausgeahnt) und durch das unverzüglich Anreichen der Gummistiefel Schlimmeres verhindert. Nachmittags zum Kindergarten mussten die Prinzessinnen-Füße natürlich wieder standesgemäß gekleidet sein. Und auf dem Rückweg war es dann der Bruder, der die unheilvollen Worte sprach: „Wer zuerst daheim ist, hat gewonnen!“ Quer über die Weide ging die wilde Jagd. Dumm nur, dass der Vater erst vor wenigen Stunden just auf diesem Gewann Gülle ausgebracht hatte. Trauer und Bestürzung waren kaum zu bewältigen nach der schmachvollen Doppelniederlage: Schuhe ruiniert und Wettrennen verloren. Soll man da schimpfen oder trösten? Mit einer Mischung aus beidem habe ich das Kind soweit beruhigen können, dass sie sogar wieder etwas lächeln konnte, als ich sie an die nahende Ballettstunde erinnert habe. Noch glitzerte die letzte Träne in den Wimpern, als mein Mädchen verlangte: „Dann kauf mir endlich so ein rosa-pinkes Ballett-Röckchen, das zieh ich dann zur Schatzsuche bei meinem Kindergeburtstag an!“
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