Die Sache mit dem Klapperstorch

Ich bin ja froh, dass meine Kinder nicht denken, Kühe seien lila. Und dass Milch im Tetrapack wächst, haben meine zwei Großen nie geglaubt. Doch so manches mal wäre ein bisschen Abstand zur Natur vielleicht auch wünschenswert…
Neulich zum Beispiel hat mir mein Sohn einmal wieder Gesellschaft im Stall geleistet. Während ich die Kühe fütterte, begutachtete der junge Bauer das liebe Vieh. Umgehend wurde von ihm ein neu geborenes Kälbchen bemerkt. Und das Unheil nahm seinen Lauf. Ich hatte keine Chance mehr, ein Ablenkungsmanöver zu starten, da kam sie schon, die Frage aller Fragen: „Mama, wo kommen denn die kleinen Kälber her?“ Ganz unwissend war mein Sohnemann nicht mehr, hatte ich doch etwa ein halbes Jahr vor diesem Gespräch mein drittes Kind bekommen und die Schwangerschaft wurde von den beiden Großen natürlich bemerkt und diskutiert. Mit dem Klapperstorch konnte ich es also nicht mehr versuchen. Den Kindern war klar, dass der Papa irgend etwas mit dem Baby zu tun hat. Also erklärte ich meinem wissbegierigen Sprössling, der Arnold – unser Bulle – hätte dafür gesorgt, dass im Bauch der Mutterkuh ein Kälbchen entstanden ist. Und nun, nach neun Monaten, sei das Kälbchen so groß, dass es auf die Welt kommen konnte.
Mittlerweile war ich ob der hochnotpeinlichen Befragung ein wenig ins Schwitzen geraten. Denn eigentlich waren mein Mann und ich schon bei meiner Schwangerschaft heilfroh gewesen, dass wir es geschafft hatten, die Fragen der Kinder zu deren Zufriedenheit zu beantworten, ohne die nackten Tatsachen in vollem Umfang aufdecken zu müssen. Auch diesmal hatte es scheinbar wieder funktioniert. Mein Sohn beschäftigte sich mittlerweile mit etwas anderem und ich startete schnell meinen Ablenkungs-Vortrag über Grünfutter. Doch mitten in einem Monolog über Futterwerte und Grundfutterleistung wurde ich rüde unterbrochen: „Aber Mama, wenn der Arnold doch so nett ist und den Kühen mit den Kälbern hilft, warum hopft er dann im Sommer auf der Weide immer so gemein auf ihnen herum?“

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